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Der Iran, das Uran und die Bombe

Die Internationale Atomenergiebehörde warnt, der Iran habe Uran weit über das im Abkommen von 2015 vereinbarte Mass angereichert. Ist das Land bald in der Lage, eine Atombombe zu bauen?
 
Dient das iranische Atomprogramm doch militärischen Zwecken? Diese Vermutung legt ein Bericht der Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) nahe, der am Mittwoch (07.09.) in Wien vorgestellt wurde. Demnach hat der Iran die Anreicherung von Uran weit über die im Atomabkommen von 2015 vereinbarten Grenzen hinaus fortgesetzt. Im August habe der iranische Bestand bei geschätzten 3940 Kilogramm - und damit um mehr als das 19-Fache über dem vertraglich vereinbarten Grenzwert gelegen, so der Bericht.
Seitens der IAEA hiess es, sie könne nicht "garantieren, dass das iranische Atomprogramm ausschliesslich friedlich" sei. Es habe "keine Fortschritte" gegeben, ob Nuklearmaterialien an nicht deklarierten Standorten vorhanden seien. IAEA-Chef Rafael Grossi äusserte sich im Bericht "zunehmend besorgt". Den Iran forderte er auf, "seinen rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen" und so schnell wie möglich zu kooperieren.


Iran zeigte gerne seine militärische Stärke
In einem weiteren Bericht bedauert die IAEA zudem die im Juni angekündigte Entscheidung des Iran, 27 Überwachungskameras zu entfernen, die es den Inspektoren der Organisation ermöglichen sollen, die nuklearen Aktivitäten zu überwachen. Die Entfernung der Kameras habe sich "nachteilig auf die Fähigkeit der Organisation ausgewirkt, den friedlichen Charakter des iranischen Atomprogramms zu gewährleisten", so die Atombehörde mit Sitz in der österreichischen Hauptstadt.
Während der Iran den Zugang der IAEA einschränkte, setzte er nach deren Einschätzung in den vergangenen Monaten die Anhäufung von angereichertem Uran fort. Aus Diplomatenkreisen in Wien hiess es am Mittwoch, der Iran würde angesichts seiner Fortschritte bei der Urananreicherung nun wahrscheinlich "drei bis vier Wochen" brauchen, um die für eine Atomwaffe erforderliche Menge zu erreichen.

 

Iran von Atombombe weit entfernt
Allerdings bedeute dies nicht, dass der Iran in dieser Zeit im Besitz einer Atombombe wäre. Zwar reiche das angereicherte Uran zur Herstellung einer Bombe, sagt der Politologe und Iranist Mohammadbagher Forough vom German Institute for Global and Area Studies (GIGA) in Hamburg. "Aber es reicht eben nur, um eine einzelne Bombe zu bauen, nicht für eine ganze Reihe. Insofern macht eine einzelne Bombe militärisch keinen Sinn. Die Atomstaaten der Welt setzen nicht auf eine einzelne Bombe, denn damit könnte man noch keinen Krieg führen. Eine einzelne Bombe ist unzureichend, wenn man davon ausgeht, dass andere Staaten eine vielfache Menge haben, die sie mit sehr viel ernsterer Wirkung einsetzen könnten", so Forough im DW-Interview.
Auch aus anderen Gründen sei der Iran noch weit von einer einsatzfähigen Bombe entfernt, so Forough. So verfüge der Iran derzeit nicht über die zur Zündung einer Atombombe nötige Technik. "Die Geschichte der Atomstaaten hat gezeigt, dass es Jahre braucht, um aus atomwaffenfähigem Material dann tatsächlich eine Bombe zu bauen. Insofern hat die IAEA den Ernst der Lage beschrieben. Aber man darf daraus nicht schliessen, der Iran stünde kurz davor, im Besitz einer Atombombe zu sein."
Der Politologe Oliver Meier vom Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik hält es für besorgniserregend, dass dem Iran mehr und höher angereichertes Spaltmaterial zur Verfügung steht, als unter dem Atomabkommen zulässig. Zudem habe das Land eine Zeitlang über einen Schwerwasserreaktor verfügt, der auch Plutonium hätte herstellen können. "Aber dieser Pfad ist im Moment verschlossen", so Meier gegenüber der DW.

In Wien fanden seit 2022 wieder Atomgespräche mit Iran statt, bisher ohne erkennbare Ergebnisse

"Alle Begrenzungen überschritten"
Allerdings habe der Iran Zentrifugen, die moderner sind als es unter dem Joint Comprehensive Plan of Action (JSPOA), wie das Atomabkommen zwischen dem Iran und der internationalen Gemeinschaft offiziell heisst, zulässig gewesen wäre. Das Gleiche gelte für den Anreicherungsgrad und die Menge des Urans. "Dort sind alle Begrenzungen überschritten, so dass der technisch in der Lage wäre, innerhalb weniger Wochen genug waffenfähiges Uran für eine Atomwaffe herzustellen."
Allerdings benötige der Iran zur Herstellung einer Bombe auch andere Technologien. "Daran hat der Iran auch gearbeitet. Auch hat es offensichtlich Forschung zur Herstellung von Sprengköpfen für Raketen gegeben. Allerdings gibt es bereits seit 2009 keine Indizien dafür, dass diese Forschungen weiter geführt oder wieder aufgenommen wurden."

Einschränkung der Atomaktivitäten des Iran, Stand 2015
"Viele offene Fragen"
Warum reichert der Iran Uran in einem derartigen Mass an? Es gehe der Staatsführung in Teheran vor allem darum, politischen Druck aufzubauen, sagt Mohammadbagher Forough. Aus iranischer Sicht sind die im JCPOA getroffenen Vereinbarungen seit der einseitigen Aufkündigung des Abkommens durch die USA unter der Trump-Administration im Jahr 2018 hinfällig. "So ist die Urananreicherung in erster Linie ein Mittel, die USA und die anderen Akteure dazu zu bringen, das nun in Wien weitestgehend ausgehandelte Abkommen zu unterzeichnen."
Dies gelte umso mehr, als sich in den USA die Zwischenwahlen nähern. "Es ist nicht ausgeschlossen, dass die von US-Präsident Biden geführten Demokraten ihre Mehrheit im Kongress verlieren. In diesem Fall ist eine Unterzeichnung des Abkommens eher unwahrscheinlich. Auch darum macht der Iran Druck", so Forough. In Teheran gehe es ganz wesentlich darum, die gegen den Iran verhängten Sanktionen zu beenden.
Allerdings stehe der Iran weiteren Verhandlungsfortschritten auch selber im Weg, sagt Oliver Meier. Der Dialog werde durch den Umstand erschwert, dass die Verifizierungsmöglichkeiten der IAEA eingeschränkt sind. "Darum hat die IAEA nun noch einmal deutlicher gesagt, dass eine Einigung über die Wiederherstellung des JCPOA zusätzliche Massnahmen voraussetzt, um das iranische Atomprogramm besser überprüfen zu können. Es gibt viele offenen Fragen.Und es ist wichtig, sie schnell zu klären."

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Iran reichert Uran in Anlage in Fordo an

Der Iran hat in seiner unterirdischen Atomanlage Fordo mit der Anreicherung von Uran auf 60 Prozent begonnen. Das Mullah-Regime begründet den Schritt mit einer Entscheidung der Internationalen Atomenergieorganisation.


Satellitenbild der Atomanlage Fordo im Iran

Neben der Nuklearanlage in Natans im Zentraliran wird nun auch in der Untergrundanlage Fordo etwa 100 Kilometer südlich der Hauptstadt Teheran Uran auf 60 Prozent angereichert. Das gab die iranische Atomorganisation (AEOI) bekannt. Der Schritt ist laut AEOI eine Reaktion des Landes auf eine Resolution der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien von vergangener Woche. Teheran sprach daraufhin von einer politisch motivierten Entscheidung und drohte mit "angemessenen Gegenmassnahmen".

Das IAEA-Lenkungsgremium hatte der iranischen Führung mangelnde Transparenz im Bezug auf das Atomprogramm des Landes vorgeworfen und indirekt mit der Einschaltung des UN-Sicherheitsrates gedroht. Eine entsprechende Resolution wurde in Wien verabschiedet.

Warnung vor der Atombombe

Nachdem die USA im Jahr 2018 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen waren, hatte sich auch die iranische Führung der Vereinbarung nicht mehr verpflichtet gefühlt. Das Land begann schrittweise mit der Urananreicherung und erschwerte der IAEA zunehmend die Kontrollen. 

Experten warnten in den vergangenen Monaten mehrfach, der Iran verfüge möglicherweise bereits über genügend Uran mit einem Anreicherungsgrad von 60 Prozent, um es zu Brennstoff für mindestens eine Atombombe weiterzuverarbeiten.